Island 2008 Island 2008

Wer bist denn Du? Wer bist denn Du?

Noch sehr müde, aber mit altbekannter Reisevorfreude kam ich am Münchner Flughafen an. Dort musste ich mich erst mal orientieren, um den Schalter der Icelandair zu finden. Nach unendlich langer Anstehzeit – wollen die wirklich alle nach Island? – konnte ich endlich einchecken. Mein Magen verlangte nach Inhalt und ich setzte mich bis zum Abflug in eines der Flughafenbistros.
Nach einem unspektakulärem Flug landete ich 3,5 Std. später auf dem internationalen Flughafen in Keflavik.
Als ich meinen Rucksack vom Gepäckband gepflügt hatte, stürzte ich mich erst mal raus in das Flughafengetümmel, um meinen gemieteten Landrover zu finden. Auf der Halbinsel Reykjanes, in dem beschaulichen Örtchen Gardskagi, 9km von Keflavik entfernt, wollte ich mein erstes Nachtlager aufschlagen. Auf einer saftig grünen Wiese zwischen zwei prachtvollen Leuchttürmen, baute ich unter starker Windeeinträchtigung mein Zelt auf. Ein tolles Fleckchen Erde! Stolz betrachtete ich mein feuerrotes Zelt, dass einen extremen Kontrast zu dem intensiven Grün des Grases darstellte, als ich mich zu Tode erschrak. Von hinten kam irgendwas an mein rechtes Bein und klammerte sich daran fest. Als ich nach unten schaute, blickten mich 2 lachende Kinderaugen an. “Hallo, wer bist denn Du?”, fragte ich den kleinen Mann, der sich fröhlich an meinem Beinkleid festkrallte. Ich hätte wohl besser Nichts gesagt, denn nun erschrak das Kind und fing an zu weinen. Der 3-jährige Marvin hatte mich mit seiner Mutter verwechselt, die lachend hinter einem Wohnmobil vor kam.
Vom Schreck erholt, packte ich meine Badesachen zusammen, denn der Tag war noch jung und so beschloss ich gleich mal die isländische Badekultur kennen zu lernen.
Was der Eifelturm für Paris ist, ist die blaue Lagune für Island – mit all seinen positiven und negativen Begleiterscheinungen. Der milchig-blaue Heilsee in wüster schwarzer Lavalandschaft zwischen Keflavik und Grindavik wird durch 38° warmes Wasser aus dem futuristischen Thermalkraftwerk Svartsengi gespeist. Die Türme des Kraftwerkes, Dampfschwaden und Gestalten voll blauweißen Kieselerdschlamm ergeben eine fast außerirdische Kulisse. Nach dem ausgiebigen Bad hat man eine Haut weicher als ein Babypopo. Dafür ist die salzige Brühe für die Haare verheerend und ich brauchte eine halbe Tube Haarkur, um aus dem Stroh auf meinem Kopf annähernd wieder Haare zu machen.
Die Badekultur der Isländer hat einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert, doch durch die Kommerzialisierung und den Tourismus wird sie manchmal regelrecht vergewaltigt.
Wem die Lagune zu teuer, zu überfüllt oder zu klinisch ist, hat irgendwie recht, doch wer wegbleibt verpasst was Besonderes. Nach meinem Badeausflug fuhr ich zurück zum Zeltplatz, um den Gaskocher anzuwerfen. Doch von einer warmen Mahlzeit konnte man da echt nicht reden, denn auf dem Weg vom Teller über die Gabel in den Mund wurde das Essen von dem auffrischenden und eisigem Nordwind komplett abgekühlt. Daher verkroch ich mich dann auch direkt nach dem Essen in mein Zelt, um mich vom Wind in den Schlaf wiegen zu lassen.

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