Von Kaza aus traten wir wieder den Rückzug aus Spiti Valley an. Wir verließen diese geniale Gegend auf dem selben Wege, wie wir gekommen waren, da aufgrund der schneebedeckten Straßen ein Rundkurs unmöglich war.
Allerdings machten wir in Sumdo noch einen kurzen Abstecher und verließen die Hauptstraße.
Wir wollten in Richtung Tibetische Grenze. Leider wurden wir zuerst von absolut unwegsamen Gelände und dann von der Polizei gestoppt.
Immerhin zeigte uns der Polizist den Berg, welcher die Grenze zu Tibet bildet. Nach der obligatorischen Passkontrolle wurden wir dann auch noch von den Hütern des Gesetzes zum Tee und zur Besichtigung einer 500 Jahre alten Mumie eingeladen.
Nach dem kurzen aber sehr nettem Plausch mit der örtlichen Polizei, setzten wir unseren Weg talabwärts fort.
Als wir in Kalpa ankamen konnten wir leider keinen geeigneten Campingplatz finden und so quartierten wir uns wieder in ein Guesthouse ein. Immerhin gab es dadurch nach 7 Tagen Abstinenz endlich wieder eine warme Dusche und wir schruppelten uns alle den dick angesetzten Staub von der Haut.
Zeitig ging es am nächsten Tag weiter. Wir hatten uns eine längere Tagesstrecke vorgenommen, doch der Weg von Kingal auf den Jalori Pass (3220m) zog sich wie Kaugummi.
Das obere Stück überraschte uns dann noch mit einer Dirtroad. Somit war klar, dass wir unser Tagesziel nicht erreichen würden.
Hoch oben auf dem windigen, aber sonnigen Pass, packten wir dann die Kocher aus, um uns etwas zu brutzeln. Eigentlich war alles fertig, doch unser Reislieferant Kaemmi fehlte. Der hatte sich verfahren und traf gute 60 min später auf dem Gipfel ein.
Nach dem Abwasch wurde alles wieder fein säuberlich eingepackt und aufgespannt. Wir hatten uns dazu entschlossen vor der Dunkelheit so weit zu fahren wie möglich.
Die Straße die vom Pass runter führte war kein Deut besser als das letzte Stück aufwärts. Die Buben ließen Ihre Bikes einfach laufen und ich musste mich durch den dadurch extrem aufgewirbelten Staub im Blindflug die Off-Road-Strecke hinab kämpfen.
Als ich dann für mich das Gefühl hatte, doch ein wenig zügig unterwegs zu sein, betätigte ich brav meine Rückbremse. Doch ich wurde überhaupt nicht langsamer. Ich trat ins Leere. Meine Bremse gab keinen Widerstand, geschweige denn irgendeine Bremsleistung.
Die Panik stand mir ins Gesicht geschrieben.
Zum Glück konnte man das aufgrund des Helmes nicht sehen, denn sonst hätte ich die dort lebende Tierwelt mächtig erschreckt. Ich besann mich und bremste meine Lady im steilen Off-Road-Gelände langsam über die Vorderbremse ab.
Als ich zum Stillstand kam, stellte ich mein Baby auf den Seitenständer, stieg ab und schaute die alte Dame erst mal schräg von der Seite an. Auch als ich den Bremshebel mit der Hand betätigte erhielt ich keinen Widerstand.
Ich fing an Selbstgespräche zu führen:“Hey Kleine, ich halte mich jetzt seit 3 Tagen mit Schmerzmitteln auf dir und nun machst Du solche Zicken. OK, meine Kopfschmerzen sind besser, aber Du kannst mich doch nicht hier oben einfach so im Stich lassen, oder willst Du gleich in der Schrottpresse landen?
Es half nichts, denn schließlich musste ich diesen Berg ja irgendwie nach unten kommen und so kroch ich im Schneckentempo, stets die Vorderbremse am Anschlag, den Hügel hinab. Mir fiel ein Stein vom Herzen, als die Straße langsam wieder in Asphalt überging. Die Jungs warteten schon unten auf mich und wunderten sich darüber, wo ich denn bliebe.
In Lajri kauften wir dann Lebensmittel ein und suchten uns einen Zeltplatz.
Etwas abseits vom Fluss gab es eine Möglichkeit in Ruhe zu campen. Eine kleine Sandfläche schien uns gut genug, um die Nacht dort zu verbringen.
Allerdings war diese über und über mit Kuh- und Schafscheiße übersät.
Wir fegten mit Ästen alles frei und stellten dann fest, dass der Untergrund aus Felsen bestand. Sprich es gab keine Möglichkeit einen Zelthering zu versenken.
So wurde aus Zelten eine Open-Air Veranstaltung. Wir legten die Isomatten aus, sammelten Holz für ein Lagerfeuer und beneideten Clausito ein wenig für seine Hängematte, die er mit Hilfe eines Baumes und seines Motorrades aufspannte.
Es wurde ein gemütlicher Abend unter dem Sternenhimmel. Nach und nach verkrochen wir uns in die Schlafsäcke, während in einiger Entfernung die Wölfe den Mond anheulten.
Wir waren schon fast eingeschlafen, als Claus und ich nicht einzuordnende Geräusche wahrnahmen. Todesmutig strahlten wir mit unseren Stirnlampen in die ausgemachte Richtung.
Da machte sich doch tatsaechlich mitten in der Nacht eine Kuh auf den Weg den Berg zu erklimmen und uns damit zu Tode zu erschrecken. Mit einem Lächeln schalteten wir die Lampen wieder aus, doch so richtig erholsamen Schlaf fand keiner. Denn Wolfgeheule und schlafwandelnde Kühe fanden wir alles nicht so beruhigend. Doch irgendwann überfiel uns dann doch die Müdigkeit.
zurück vorwärts