Hinter jedem Fluch steckt auch ein Segen. Zu mindestens versuchten wir es so zu sehen.
Da wir ja immer noch in Lima feststeckten konnten wir unheimlich viel Zeit im Internet verbringen, unsere Wäsche in Ruhe trocknen und wir konnten uns langsam an die Zeitumstellung gewöhnen.
Nebenbei beobachteten wir das hupende Chaos, welches auf den Straßen herrschte. Es sollte uns als seelisch-moralische Vorbereitung auf die aktive Teilnahme im südamerikanischen Straßenverkehr dienen.
Die Sonne hatte auch Gefallen daran uns den Pelz zu verbrennen, während wir die Wartezeit mit einer Lima Sightseeing-Tour verkürzten. Ich bewegte mich erstaunlicherweise sehr zielgerichtet durch Perus Moloch, so als wäre es erst gestern gewesen als ich das letzte mal hier war.
Als wir dann endlich am Montag in den Zollbereich kamen erwarteten uns natürlich weitere südamerikanische Überraschungen. Von wegen der Papierkram wäre schon erledigt gewesen…
Wir benötigten weitere 6 Stunden Bürokratie und viel Nerven. Wenn noch einmal jemand behauptet Deutschland wäre eine Bürokratenstaat, der hatte noch nie etwas mit dem Zollamt in Lima zu tun! Es war grauenhaft und ich stand kurz davor einen Mord zu begehen. Nach unendlich langer Wartezeit wurden unsere Kisten dann endlich ins Freie gestellt und wir konnten damit beginnen unsere Bikes zusammenzubasteln, was natürlich nicht ohne jede Menge Zuschauer vonstatten ging. Wir arbeiteten gegen die Uhr, denn das Zollareal sollte um 17 Uhr geschlossen werden.
Nach 3 Stunden waren die Bikes fertig und wir waren fast glücklich. Ja, nur fast glücklich, denn nun mussten wir wiederum 1 Stunde auf einen Transporter warten der schon 2 Stunden zuvor bestellt war. Er sollte die Holzkisten in das Office von PERI bringen, damit wir sie von dort aus nach Argentinien schicken konnten. Als dann endlich ein Transporter kam, war der natürlich viel zu klein – obwohl wir die Masse der Kisten genau durchgegeben hatten. Ich kochte vor Wut, denn inzwischen hatte das Buero von PERI auch schon geschlossen.
Also fuhren wir mit unseren Bikes zurück ins Hotel ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, dass es inzwischen stockdunkel war und die Rush-Hour auf Limas Straßen herrschte. Irgendwie – ich weiß allerdings nicht wie – kamen wir heil im Hotel an, um uns von dort aus am nächsten morgen wiederum ein Taxi zu nehmen, um die Sache mit den Kisten zu klären.
Ein Anruf durchquerte dann all unser Transportpläne der Kisten. Wir durften die Kisten nicht nach Argentinien einführen, da sie den dortigen Einfuhrbestimmungen nicht standhielten.
Diese schöne Nachricht überbrachte uns Gianina Carranza aus dem PERI-Office in Lima. Wobei man genau diese Person hier mal ganz besonders erwähnen muss. Sie tippte sich für uns die Fingerkuppen wund und konnte einer drohenden Ohrmuschelentzündung vom vielen telefonieren gerade noch so eben entkommen.
Ohne Ihre Hilfe hätten wir unsere Kisten bestimmt heute noch nicht.
Daher: Vielen, vielen lieben Dank für Deine Hilfe!!! Die Zeit und die Nerven, die Du für uns aufgebracht hast können wir mit nichts auf der Welt begleichen. Du warst großartig!!! Danke, Danke und nochmals Danke!
Und was machen wir bitte jetzt mit den Kisten, die bei PERI stehen? Ich kontaktierte Irmbrand Hertlein, die eine private Peru-Initiative leitet, um Ihr mitzuteilen, dass Sie die Kisten bei PERI abholen könnten. Die Projekte können das Holz sehr gut gebrauchen, somit dienten sie nicht nur einem simplen Motorradtransport sondern auch noch einem guten Zweck.
Nachdem der ganze Zirkus dann endlich über der Bühne war, wir zu viel Zeit und Geld für Taxis und Zollgebühren ausgegeben hatten, konnten wir endlich unsere Motos bepacken.
Am 16. November 2010, 14 Uhr Ortszeit konnten wir endlich starten.
Wir kämpften uns durch übelsten Stadtverkehr und waren einer Meinung. Wer wie durch ein Wunder dieses Himmelfahrtskommando überlebt, der stirbt spätestens 5 Jahre später an einer Staublunge. Ich kann gar nicht sagen wie viel Abgase und Staubpartikel wir einatmeten.
Als wir auf der Ruta 20 ankamen lichtete sich der Verkehr etwas, allerdings schlängelten sich hier die Trucks kilometerweise über die kurvige Straße den Berg hinauf und bliesen mal so richtigen Dreck in die Atmosphäre.
Je höher wir kamen um so schlechter wurde auch das Wetter. Wir hüpften in unsere Regenklamotten und kämpften weiter mit den Trucks um die Vorherrschaft. Auf der auf 4843m gelegenen Passhöhe Abra Anticoria lag Schneematsch auf den Straßen und der Nebel erschwerte uns zusaetzlich die Sicht. Es war bitter kalt.
Kurz vor La Oroya hielt ich am Straßenrand an. Es war bereits dunkel. Konni und ich waren einer Meinung. Wir wollten das nächst beste Hostal ansteuern. Doch Konnis BMW wollte unbedingt an Ort und Stelle bleiben. Sie sprang einfach nicht mehr an. Also schoben wir sie in den Hof und versuchten sie wieder in Gang zu bringen. Wir blieben ohne Erfolg.
Allerdings kamen aus den dunklen Häusern um uns herum Menschen, die sich wunderten was wir hier machten. Nach kurzer Verständigung über Körpersprache, hatten wir einen sicheren Abstellplatz für die Motorräder und zudem auch noch ein Zimmer, in der Hoffnung, dass Konnis Motorrad am nächsten Morgen wieder willig wäre.
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