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Feuerland Feuerland

Bevor wir das Festland verlassen wollten, war erst einmal Tanken angesagt. Allerdings war jede Tankstelle in Punta Arenas leer. Also fuhren wir mit unseren leeren Tanks in Richtung Fährhafen. Eine endlose hupende Autoschlange wollte Stadteinwärts fahren, doch die Straßen wurden durch wild umher stehende Taxis versperrt. Zum Glück waren unsere Straßen Richtung Fähre passierbar.

Die etwas rauhe Überfahrt über die Magellanstraße nach Feuerland dauerte 3 Stunden und die ganze Zeit über liefen alle Fernseher auf voller Lautstärke.
Alle TV-Sender übertrugen die Verhandlungen über die Gaspreise und nach 1 Stunde war das Resultat perfekt.
Es gab eine Einigung. Schriftstücke wurden feierlich unterzeichnet, alle Parteien nahmen sich liebevoll in den Arm – der Streik war beendet.

Nun mussten wir uns nirgendwo mehr durchdrängeln oder heimlich Ausbüchsen.

In Porvenir steuerten wir zuerst eine Tankstelle an und suchten dann wieder mal nach einer Unterkunft. Hier wurden aus Freude über das Verhandlungsergebnis inzwischen weiße Fahnen an Autos und Häusern befestigt und die Autokorsos fuhren nun zur Feier des Tages hupend durch die Städte.

Bei strahlend blauem Himmel fuhren wir morgens über die Schotterstraße nach San Sebastian.
An diesem Grenzübergang war die Hölle los und die Beamten stempelten im Sekundentakt die Pässe ab. Sie blickten nicht einmal mehr auf, um das Bild im Pass mit der vor Ihnen stehenden Person zu vergleichen. Innerhalb von 3 min konnten wir weiterfahren – das war eindeutig der Grenzübertrittsschnellrekord 2011!

Ab Rio Grande wurden wir dann richtig nass. Es regnete Bindfäden und mit jedem Kilometer weiter südlich wurde es kälter. Auf der Passhöhe kurz vor Ushuaia lag Schnee und das Thermometer zeigte nur noch 3 Grad an.

Trotz mehrlagigen Zwiebellooks bibberte ich wie ein Schlosshund und dachte:
Schnee in Ushuaia – ich hätte doch noch mein Snowboard mit aufs Töff packen sollen.
Durchgefroren ging es auf Hostalsuche, denn zum Zelten war es uns einfach zu nass und definitiv zu kalt. Nach dem 6. Anlauf waren wir dann erfolgreich und hatten ein Dach über dem Kopf, Heizung im Zimmer und heißes Wasser. Meine durchgefrorenen weißen Füße wurden erstmal aufgetaut und so lange unter die heiße Dusche gestellt bis sie krebsrot waren.

Aufgewärmt und warm eingepackt machten wir uns dann auf den Weg das Städtchen zu erkunden, doch bei diesem mistigen Wetter blieb Ushuaia für uns irgendwie uninteressant und wir traten schnell wieder den Rückweg in das aufgeheizte Hotelzimmer an.

Am Morgen zeigte sich der Himmel stark bewölkt, aber immerhin trocken. So machten wir uns auf den Weg in den Nationalpark Tierra del Fuego. Hier streunten wir gemütlich umher und durchstöberten kleine Fußpfade. In diesem Park traf man eine Menge Deutsche und so standen wir bestimmt gute 3 Stunden nur rum und ratschten mit anderen. Am Mittag riss der Himmel dann auf und die Sonne schien. Mit ein paar Sonnenstrahlen ist das Ende der Welt dann doch ganz schön.

Bevor wir uns wieder Richtung Norden aufmachten, war ein Abstecher zum ältesten Gebäude der Insel Pflicht. Die Estancia Haberton befindet sich immer noch in Familienbesitz, lohnt aber nicht wirklich für einen Besuch. Wir haben uns nur auf den Weg dorthin gemacht, um Windflüchterbäume zu sehen, die gute 10 km vor der Estancia auf einem Hügel stehen.
Wir mussten uns auch wieder in Regenklamotten werfen, denn es regnete wieder ununterbrochen. Komplett durchnässt kamen wir am Grenzübergang San Sebastian an und checkten am dortigen Hostal ein. Doch auch hier blieben wir nicht trocken, denn im Zimmer gab es einen Wasserrohrbruch. Das Bad stand unter Wasser – wenigstens war es warmes Wasser. Durch die Hitze der Heizungen und durch die hohe Luftfeuchtigkeit waren in ein paar Minuten alle Fenster total beschlagen.
Wer kann schon von sich behaupten ein eigenes Dampfbad auf dem Hotelzimmer gehabt zu haben?

Wir!

Sämtliche Heizlüfter wurden von unseren nassen Klamotten belagert, um so schnell wie möglich wieder zu trocknen – was uns auch gelang, denn am nächsten Morgen waren sogar die Stiefel trocken.

Den Abend verbrachten wir mit Laura und Tom aus Seattle, die ebenfalls mit ihren Bikes unterwegs waren. Die zwei sind so Motorradverrückt, dass ihr Ehering das Profil eines TKC 80 beinhaltet.
Toms Ring, das Hinterrad, für den Antrieb und Lauras Ring, das Vorderrad, für die Richtung.

Tolle Idee!

Es war ein sehr kurzweiliger Abend und der gute Vorsatz heute mal früh ins Bett zu gehen fiel wieder mal flach.

Früh waren wir mit Packen fertig und wollten losfahren, doch meine Twin machte keinen Muckser. Batterie leer – “shit”, ich hatte vergessen die Griffheizung auszuschalten.

Während die BMW und die Twin nun liebevoll Ampere austauschten, erledigten wir die Zollformalitäten zu Fuß und tranken mit Laura und Tom nochmals einen Kaffee.
Bis zum Fährhafen holperten wir ziemlich schnell über die vom Vortag noch matschige Schotterpiste.
Kurz vor dem Hafen ging die Straße dann in Asphalt über und meine Twin ließ sich seltsam fahren. Mit der Zeit kamen auch bösklingende Geräusche vom Hinterrad. Ich blieb stehen und wir stellten fest, dass sich soeben das Radlager verabschiedet hat.
Wirklich gut gemacht! Meine Twin wollte glaube ich unbedingt auf Feuerland bleiben.
Ich schlich die restlichen 12 km zum Hafen, was mit einem Seitenwind von 140km/h gar nicht so einfach war.

Auf der Fähre kam mir dann die rettende Idee – MotoAdventura. Hier handelt es sich um eine Gesellschaft, die Motorräder verleiht und einen Mechaniker in Punta Arenas sitzen hat. Den Namen des Mechanikers hatten wir schon lange von anderen Bikern erhalten, nun benötigten wir die Kontaktdaten.

Kaum am anderen Ufer angekommen stürmte ich das Büro der Fährgesellschaft und belagerte deren Computer, um an die Kontaktdaten zu kommen. Also rief ich in Osorno an und war total verdutzt, dass hier deutsch gesprochen wurde!
Kurze Zeit später hatte ich Alejandro Lago aus Punta Arenas an der Strippe, schilderte ihm mein Problem und schickte Konni dann alleine nach Punta Arenas, während ich mein Zelt mit freundlicher Genehmigung im Windschatten des Marinegebäudes aufstellen durfte.

Wir hatten keine Ahnung wie lange die Reparatur meines Hinterrades dauern würde, aber hier direkt an der Fähre würde ich bestimmt nicht verhungern oder verdursten. Ich saß gemütlich in meinem roten Heim und las in meinem Buch, welches ich schon die ganze Zeit mit durch den Kontinent schleifte und bekam regelmäßig Besuch von neugierigen Menschen, die wissen wollten warum mein Hinterrad fehlte.

Und wie ich es vorausgeahnt hatte wurde ich mit Schoki und Keksen versorgt. So konnte sich mein Magen auch gleich wieder auf die baldige Praxisernährung einstellen. Ein deutsches Pärchen schenkte mir Orangen, damit ich nicht an Vitaminmangel zugrunde gehe.
Ich langweilte mich keine Sekunde, während Konni sich noch durch den Sturm kämpfte. Abends kam ein Marineoffizier zu mir und teilte mir mit, dass Konni angerufen habe und er morgen Mittag wieder hier sei.

Na prima – klappt doch alles wie am Schnürchen.

Der Sturm hielt die ganze Nacht über an, dafür war am nächsten Morgen der Himmel schön blau. Ich packte schon mal grob meine Sachen und vertiefte mich dann wieder in meine Lektüre, wurde wieder von Passagieren mit Zucker versorgt und war überrascht, als Konni früher als gedacht um die Ecke bog. Das ging wirklich schnell! Ratzefatze wurde alles gepackt, mein nagelneu gelagertes Hinterrad eingebaut und ab ging die Post. Schließlich hingen wir nun in unserem Zeitplan komplett hinterher.

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