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Abgefahren und Verhockt Abgefahren und Verhockt

Wir hatten bereits im Sommer schon Kontakt mit Claudia Metz und Klaus Schubert, den Autoren des Buches “Abgefahren”, aufgenommen und unser Erscheinen angekündigt. Darauf hin hatten wir schon eine echt witzige Wegbeschreibung erhalten (aufgrund der Privatsphäre von Claudia und Klaus ist diese hier komplett abgeändert!):

“Ihr fahrt die Ruta 40 bis zu Kilometer 1986,69 und biegt dort auf einen Feldweg ab. Am Rand steht ein alter verfallener Holzstadel. Diesen Feldweg einfach immer gerade aus fahren. So lange bis Ihr an ein Eisengatter kommt. Dieses einfach öffnen, durchfahren und bitte wieder schließen, weil sonst die Rinder in der Prärie verschwinden. Dann ca. 2 km weiter geradeaus bis zum nächsten Holzgatter. Hier einfach darüber klettern oder laut hupen. Wir kommen dann, um Euch zu öffnen.”

Wir folgten der Beschreibung und standen dann tatsächlich vor dem besagten Holzgatter. Nun war es also soweit – ich durfte die 2 Menschen kennen lernen, die 16 Jahre lang mit ihren Motorrädern um die Welt gefahren sind und welche “Schuld” daran tragen, dass ich überhaupt den Motorradführerschein gemacht habe, um es Ihnen annähernd gleichzutun.

Über das Gatter zu klettern war für mich wie Hausfriedensbruch, daher zogen wir es vor erst mal unaufdringlich zu hupen. Kaum ein Laut von uns gegeben, steckte Claudia schon den Kopf über den Gartenzaun und Klaus kam uns mit geschulterter Gartenhacke entgegen. Ich war doch tatsächlich etwas aufgeregt, schließlich wurden wir hier nicht von Irgendjemanden begrüßt, doch der herzliche Empfang ließ meine leichte Nervosität gleich verschwinden.
Klaus zeigte uns den Campo und nachdem wir unser Zelt aufgebaut hatten, meldeten wir uns umgehend bei Claudia zum Arbeitseinsatz. Kurz darauf fanden wir uns in Begleitung des patagonsichen Windes in einem der zahlreichen Kirschbäume zur Kirschernte wieder. Die Kirschen waren wirkliche eine Sünde und der ganze Baum hing voll davon. Recht schnell hatten wir den Eimer voll, aus dem Claudia dann köstliche Marmelade kochte. Währenddessen quatschten wir über Gott und die Welt, sowie über deren damalige Reise. Der Tag verging wie im Flug.

Am nächsten Tag brachte Konni die Twin wieder auf Vordermann, wechselte Öl und die Reifen. Zeitgleich hatte ich mich den zahlreichen Disteln auf dem Campo gewidmet, um ihnen mit der Hacke den Garaus zu machen. Wie eine Irre haute ich auf die widerstandsfähigen Gewächse ein und dachte dabei nicht darüber nach, dass ich nur Flip Flops an meinen Füssen trug. Die Disteln beantworteten meinen Angriff mit zahlreichen Picksereien an meinen Füssen.

Den Nachmittag verbrachten wir wieder damit uns mit Claudia, Klaus und den Kindern auszutauschen, wobei uns die Mädels, Anna und Mona, zu einem Ausritt am nächsten Tag überredeten.
Ich auf einem Pferd…das hatte ich doch schon mal in Island gewagt, doch hier sind die Pferde definitiv höher.
Aber ich hatte es den Mädchen versprochen und Versprechen muss man halten. Also wurde ich auf ein Pferd gesetzt und bekam von Anna und Mona noch eine kurze Einweisung. Unser Ausritt dauerte gute 4 Stunden. Es ging durch den Fluss, durch wunderschöne Wälder und über extrem staubige Wege.
Sogar meine Lieblings- Jeans musste unter einem Brombeerstrauch leiden, da mein Pferd stets den kürzesten Weg um die Kurven nahm. Mona hatte Spaß daran, dass ich doch eher unentspannt auf “Negro” saß, bestärkte mich aber gleichzeitig darin doch etwas schneller zu reiten. Ich hatte mehr Ähnlichkeit mit einem Kartoffelsack, als mit einer stolzen Reiterin, daher war ich dann doch recht froh wieder heil angekommen zu sein. Am Nachmittag waren wir alle so von der Hitze platt, dass jeder sich ein kühles Plätzchen suchte und schlief.

Frisch ausgeschlafen traten wir am nächsten Tag zur Waldarbeit an. Konni wurde mit einer Kettensäge bewaffnet, während ich Äste heranzog und in eine Kette einband, damit Klaus den Stapel mit dem Pick Up abtransportieren konnte. Dabei krachte Klaus in einen Fuchsbau und wir mussten mit viel Tücke und Anstrengung das Auto wieder befreien.

Nach 4 Stunden Waldarbeit läutete Klaus den Mittag ein und wir wurden mit leckeren Spaghetti verköstigt. Am Nachmittag bekam die BMW dann ihren Kundendienst, während ich mich nochmals den Disteln widmete.

Am Abend machten wir dann gemeinsam ein sehr relaxtes Asado, wobei ich mich über Claudias Tzatziki hermachte, als ob es kein Morgen mehr gäbe.

Der nächste Morgen begann recht gemütlich. Konni erledigte die restlichen Arbeiten an der BMW und ich packte unser Zelt und die restlichen 7 Sachen ein. Bevor Klaus in die Stadt fuhr verabschiedete er sich von uns. Um 12 Uhr standen wir dann vor Claudias Tür, um uns in das Gästebuch einzutragen und um “Tschüs” zu sagen. Das Resultat war, dass wir so lange mit Claudia ratschten, bis Klaus wieder aus der Stadt kam. Claudia ist gerade dabei ein neues Buch zu schreiben und ich durfte sogar eines der Kapitel bereits lesen. Es handelt vom “Sand fahren” und ich konnte mich zu 100% damit identifizieren. Es war sehr beruhigend für mich, dass es Claudia damals auch nicht besser mit Sand und Schotter ging wie mir.

Wir wurden noch zum Mittagessen eingeladen und kommunizierten mächtig weiter. Genauso lange bis ein Gewitter aufzog und Claudia mit einem fetten Grinsen im Gesicht meinte:“Nun braucht Ihr auch nicht mehr losfahren.” Wir lachten, zogen unsere Motorradklamotten wieder aus und richteten unser Nachtlager in der Werkstatt ein. Den ganzen verregneten Tag verhockten wir mit den Beiden und hatten mächtig Spaß dabei. Es war einfach genial, dass so bekannte Menschen, mit solch einer Lebensgeschichte noch so herrlich normal und bodenständig sein können!

Eigentlich wollten wir gar nicht weiter fahren, doch wir hatten uns ein Ziel gesetzt, daher sattelten wir am nächsten Tag wirklich unsere Motorräder und verabschiedeten uns schweren Herzens von den Beiden. Allerdings nicht ohne uns noch eine Widmung in unsere Buchexemplare abzuholen. Das waren wirklich total abgefahrene Tage…

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